Von Hannah Helmke, Gründerin und Geschäftsführerin bei right. based on science GmbH & Frieder Olfe, Sustainable Investment Consultant bei imug rating
Die Dekarbonisierung von Portfolios ist längst nicht nur eine Frage der Reputation, sondern des Risikomanagements geworden. Zunehmend suchen Vermögensverwalter und Finanzinstitute nach den besten Möglichkeiten, sowohl die Wirkung ihrer finanzierten Emissionen als auch ihre Exposition gegenüber Folgen des Klimawandels zu bewerten. Längst ist das „Greening“ des Portfolios aus der Nische des rein ökologischen Interesses herausgewachsen und nimmt nun seinen Platz in der risikobewussten Portfoliosteuerung ein.
Die Herausforderung für viele Investoren und Finanzinstitute liegt dabei darin, eine wissenschaftlich fundierte Metrik zu finden, die sich zugleich transparent und verständlich gegenüber Kund*innen und der Öffentlichkeit darstellen lässt. Die Kernfragen lauten deshalb: Wie emissionsintensiv ist ein Portfolio? Und: Ist das Portfolio mit dem < 2°C-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens vereinbar?
Die ACATIS Fair Value Investment AG hat im Juni 2020 erstmals zwei der eigenen Fonds entlang dieser Fragen analysieren lassen. Nach Abgleich mit Klimadaten von Vigeo Eiris zeigte sich, dass die Fonds durch ihre ausdrückliche Nachhaltigkeitsausrichtung bereits eine starke Gewichtung von emissionsärmeren Portfoliounternehmen aufweisen. Der durch die Fonds finanzierte CO2 -Ausstoß liegt dadurch deutlich unter dem zweier zum Vergleich ebenfalls analysierten Indizes (globale und nationale Abdeckung). Zugleich zeigte sich aber auch: Trotz dieser „grüneren“ Ausrichtung der Fonds lagen beide zum Zeitpunkt der Analyse noch knapp über dem Temperaturlimit, das für eine Vereinbarkeit mit maximal 2°C globaler Erwärmung eingehalten werden müsste. Somit fördert die Analyse die Ansatzpunkte zutage, die für eine aktive Portfoliosteuerung entlang der Pariser Klimaziele benötigt werden.
Besonders dabei: Für die Festlegung dieses Temperaturlimits sind die wirtschaftlichen Realitäten der verschiedenen im Portfolio abgedeckten Sektoren zu berücksichtigen. So sind etwa Energieversorger nicht an dasselbe Limit gebunden, wie IT-Dienstleister. Stattdessen liegt der Analyse eine sektorangepasste Verteilung des verbleibenden Emissionsbudgets zugrunde, das der Welt für eine Einhaltung des Zwei-Grad-Ziels noch verbleibt. Entsprechend variiert das °C-Limit je nach Sektorgewichtung des Portfolios.
Das Praxisbeispiel der ACATIS Fair Value Fonds zeigt: Eine Anpassung des Portfolios an die von der Weltgemeinschaft gemeinsam vereinbarten Klimaziele muss durchaus nicht zur einseitigen Gewichtung klassisch „grüner“ Branchen oder Unternehmen führen – was wiederum eigene Risiken birgt. Stattdessen ist eine Art „Best-in-Class“-Ansatz möglich, der Risiko und Rendite mit Temperatursteuerung verbinden kann.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der portfolio institutionell (Ausgabe 07/2020).