Auf dem Weg zu den 100 Prozent
Nachhaltiges Investment und das begleitende Research haben sich in den vergangenen 30 Jahren in erster Linie auf die Anlageklassen Aktien und – mit Verzögerung – börsennotierte Anleihen konzentriert. Auch 2018 stehen als nachhaltig oder eben auch nicht nachhaltig klassifizierte Unternehmen im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit. Gleichzeitig hat sich mit den vielfältigen Anlagemöglichkeiten in erneuerbare Energien seit langem ein nachhaltiges Investmentsegment gebildet, das zunehmend auch für institutionelle Anleger interessant geworden ist.
Weil erneuerbare Energien per se als nachhaltig gelten, aber auch weil die Vielfalt der entsprechenden – in der Regel nicht börsennotierten – Investmentvehikel einen Überblick erschwerte, stand dieses Thema eher weniger im Fokus so genannter nachhaltiger Anlagepolitiken und Bewertungen. Das ist am Rande vermerkt insofern erstaunlich, als dass beispielsweise deutsche Versicherer in praxi ein Vielfaches mehr in Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie als in nachhaltige Aktienmandate investiert haben. In letzter Zeit entwickeln nun aber insbesondere „fortgeschrittene“ nachhaltige Investoren einen systematischen verantwortlichen Investment-Ansatz, der alle Anlageklassen umfasst und somit auch Umwelt- und Sozialaspekte verschiedener Formen von Sachanlagen adressiert. Gleichzeitig erfahren nachhaltige Sachwerte derzeit massive Unterstützung durch den Siegeszug sogenannter Green Bonds, die ja zu einem großen Teil erneuerbare Energien-Infrastruktur aber auch Immobilienprojekte finanzieren.
Während die Immobilienbranche in den vergangenen zehn Jahren bereits eine Vielzahl von eigenen Bewertungssystemen und auch Labeln zur Klassifizierung nachhaltiger Gebäude entwickelt hat, steht diese Übung für andere Sachwerte noch an. Hier sind derzeit noch eigene Ansätze zu ESG-Risikoanalysen und -Chancenbewertungen seitens der Investorenschaft gefragt – parallel bauen aber auch Nachhaltigkeits-Ratingagenturen wie beispielsweise imug rating und Vigeo Eiris ihr Leistungsangebot auf neue Anlageklassen aus. Hier erfolgt dann wahlweise eine Orientierung an bestehenden Rating-Methoden, so zum Beispiel bei Private-Equity-Investitionen, aber auch bereits an den Zielsetzungen der Sustainable Development Goals, SDGs. So lassen sich insbesondere einzelne Infrastruktur-Projekte zum einen nach ihrer inhärenten Wirkung auf bestimmte Nachhaltigkeitsziele kategorisieren, zum anderen wird betrachtet, wie nachhaltig ein Unterfangen und seine Auswirkungen vom Projektierer gemanaged werden (Impact Management). Mit diesem neuen Instrumentarium sind verantwortliche Investoren auf dem besten Wege, erstmalig tatsächlich die vollen 100 Prozent ihrer Kapitalanlage-Portfolien einer ESG-Risikoanalyse und einer abgestimmten nachhaltigen Betrachtung zu unterziehen.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der Rubrik „Wie Nachhaltigkeit bei Sachwerten Nutzen stiftet“ der portfolio institutionell (Ausgabe 02/2018).